Mittwoch, 1. April 2009

Grenzüberschreitende Versorgung wird EU-Wahlkampfthema

Brüssel – Die Arbeitsgemeinschaft der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Gesundheitswesen (ASG) fordert die SPD-Abgeordneten im Europäischen Parlament (EP) indirekt auf, die Richtlinie zu den Rechten der Patienten bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen zu stoppen. „Wir bitten Euch eindringlich, Eure bisherige Haltung zu dieser Richtlinie zu überdenken“, heißt es in einem offenen Brief des Bundesvorsitzenden der ASG, Armin Lang, an die deutschen Sozialdemokraten im EP.

Darin bezeichnet die ASG den Kommissionsvorschlag als außerordentlich bedenklich, da er Aspekte des Binnenmarkts und des Wettbewerbs in den Vordergrund stelle. Gesundheit sei jedoch keine Angelegenheit von Angebot und Nachfrage. „Es ist noch gar nicht lange her, dass die SPD gemeinsam mit der SPE gegen den ersten Entwurf der Dienstleistungsrichtlinie gekämpft hat.“

“Einer unserer Erfolge war damals, dass die Gesundheitsdienstleistungen aus dem Entwurf gestrichen wurden. Daher ist es völlig inakzeptabel, wenn die Kommission nun versucht, diese Änderungen durch die Hintertür wieder rückgängig zu machen“, heißt es in dem Schreiben. Die SPD sollte sich dieses Thema – auch angesichts der bevorstehenden Wahlen – daher dringend zu Eigen machen und klar und deutlich fordern: Gesundheit ist Teil der Daseinsvorsorge, so Lang.

Um den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs zur Patientenmobilität gerecht werden zu können, bietet es sich aus Sicht des ASG an, die bestehende Verordnung über die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit anzupassen. Diese baue, anders als der Richtlinienvorschlag, auf dem Sachleistungsprinzip auf, das dem Gleichheits- und Gleichbehandlungsgrundsatz eines solidarischen Gesundheitssystems entspreche.

Die Verordnung belasse den Mitgliedstaaten zudem einen deutlich größeren Spielraum zur Gestaltung ihrer Gesundheitssysteme, weil der Genehmigungsvorbehalt für Krankenhausleistungen der Regelfall bleibt und nicht zum begründungspflichtigen Ausnahmefall wird, so der ASG.

Kritik erntet der Kommissionsentwurf auch vom Europäischen Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst (EGÖD). Die Brüsseler Behörde habe ihren Richtlinienentwurf für die Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung auf die EG-Binnenmarktvorschriften begründet, erklärt die Vorsitzende des Ausschusses für Gesundheits- und Sozialdienste des EGÖD, Karen Jennings. „Das lässt darauf schließen, dass das vorrangige Ziel der Kommission in der Liberalisierung und Vermarktlichung des Gesundheitswesens besteht.“

Somit drohe eine Zweiklassenmedizin, da die Vorschläge der Kommission nur für Patienten interessant seien, die die finanziellen Mittel für die Vorauszahlung einer grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung hätten. Priorität in der Gesundheitsversorgung sollten örtliche und leicht zugängliche Einrichtungen haben. Vor dem Hintergrund der aktuellen Wirtschafskrise sei es ferner von besonderer Bedeutung, „in qualifizierte Gesundheitsfachkräfte und adäquate Infrastrukturen zu investieren, so der EGÖD. © ps/aerzetbaltt.de
24.3.2009

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